Veröffentlicht am 2. Juli 2021 von RKP

„Die AOK-Studie kaschiert Politikversagen in Berlin und Düsseldorf!“

Ruhrgebietskonferenz-Pflege wehrt sich gegen einseitige Schuldzuweisungen

Gelsenkirchen, 02. Juli 2021: Die Arbeitgeber der Ruhrgebietskonferenz-Pflege wehren sich massiv gegen die pauschalen und einseitigen Vorwürfe von AOK und Patientenschützern. In einer gerade veröffentlichten Studie werden Zahlen zur Sterblichkeit in stationären Pflegeeinrichtungen während der Pandemie benannt. Anhand dieser – laut Studie – gestiegenen Zahlen werden nun in der Presse zum einen mangelnde Hygienekonzepte sowie eine mangelnde Impfbereitschaft der Mitarbeitenden kritisiert.

Ursache und Wirkung vertauscht

Weniger die Zahlen, als vielmehr die Interpretationen und Schlussfolgerungen bringen die über 60 Arbeitgeber aus der Pflege im Revier auf die Palme. „Hier werden Ursache und Wirkung vertauscht. Die Studie kaschiert das Politikversagen in Berlin und Düsseldorf während der Corona-Pandemie. Sie schiebt die Verantwortung einseitig auf die Einrichtungen ab“, erklärt Ulrich Christofczik, einer der Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege. Für die Vertreter*innen der Initiative sind die Botschaften, die aus der Studie abgeleitet werden, ein Schlag ins Gesicht von Mitarbeiter*innen und Entscheidungsträger*innen in der Pflege, die seit über einem Jahr fast alles dafür tun, um die Bewohner*innen und sich selbst sowie ihre Kolleg*innen vor der Bedrohung durch Covid-19 zu beschützen.

Pausenloser Einsatz für Bewohner*innen

Seit fast anderthalb Jahren leben Mitarbeitende in Pflegeeinrichtungen mit der Angst vor einem Ausbruch in ihren Einrichtungen. Die meisten von ihnen achten in ihrem Privat- und Berufsleben auf bestmögliche Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln. Gerade in der ersten Welle und rund um den Jahreswechsel, den Höhepunkten der Krise in den Einrichtungen, haben die Mitarbeiter*innen pausenlos ihre Energie und Fachlichkeit zum Schutz der Bewohner*innen eingesetzt. Sie haben besorgte Angehörige beruhigt und waren dabei nicht selten wüsten Beschimpfungen und Unterstellungen ausgesetzt. Ihre Empathie, ihr Mitgefühl und ihre Professionalität haben das Gefühl der Einsamkeit bei vielen Bewohner*innen gemindert, wo Besuchsverbote und Isolationsmaßnahmen politisch verordnet worden sind.

Populistische Öffnungsentscheidungen

Seit über einem Jahr müssen Entscheidungsträger in den Einrichtungen sich ständig wechselnden und oftmals widersprechenden Vorgaben und Verordnungen stellen. Sie mussten sich fortlaufend selber um die Beschaffung von Schutzartikeln kümmern sowie das Personal zum Durchhalten und Mitmachen motivieren.

„Schon im Oktober letzten Jahres haben wir eine konsequente Teststrategie von der Politik gefordert. Bekommen haben wir halbgare Unterstützungskonzepte. Zum Muttertag 2020 und an Weihnachten hat die Landesregierung in NRW mit populistischen Öffnungsentscheidungen einen Andrang auf die Einrichtungen ausgelöst, den wir mit unseren Mitteln nicht bewältigen konnten. Jetzt bekommen wir die Quittung dafür präsentiert und Minister Laumann tut so, als hätte er mit alledem nichts zu tun“, ist Ulrich Christofczik sichtlich empört.

Der Vorstand des Christophoruswerks in Duisburg sieht hier einen methodischen Mangel der Studie, die solche politischen Rahmenbedingungen in ihre Interpretationen offensichtlich nicht hat einfließen lassen.

Pflege hat fast im Alleingang die Impforganisation gestemmt

Auch den Vorwurf der mangelnden Impfbereitschaft weist die Ruhrgebietskonferenz-Pflege entschieden zurück. Silke Gerling vom Diakoniewerk in Essen verweist auf die über 90%ige Impfquote in ihren Einrichtungen und sagt: „Wenn wir das in Deutschland insgesamt erreichen, ist die Corona-Pandemie bezwungen.“

Die Ruhrgebietskonferenz-Pflege sieht gerade hinsichtlich der Impfungen die stationären Einrichtungen als Vorbild. „Im Dezember haben wir fast im Alleingang die Impforganisation gestemmt. Bei uns waren die Feuerwehr und die Impfärzte total flexibel. Wir haben gemeinsam die mangelhafte Vorbereitung und lückenhafte Organisation der Landesregierung kompensiert,“ bezieht Ulrich Christofczik Stellung. Die Vorwürfe von Patientenschützern halten die Arbeitgeber für völlig überzogen. Auch hier sind die Mitarbeiter*innen in der Pflege zu Unrecht im Fokus. Über drei Viertel sind seit Februar „durchgeimpft“, müssen aber trotzdem auf der Arbeit noch immer Maske tragen und sich regelmäßig testen lassen. Silke Gerling lädt zum Abschluss ein: „Politiker*innen, Medienvertreter*innen und Patientenschützer sind herzlich aufgefordert, uns in unseren Einrichtungen zu besuchen. Da dürfen sie sich dann gerne mit unseren Beschäftigten über ihre Einschätzungen unterhalten.“

Studie frustriert die Beschäftigten

Für die Arbeitgeber der Ruhrgebietskonferenz-Pflege ist es eine „traurige Geschichte“ (Zitat Bundeskanzlerin Angela Merkel), dass in den Einrichtungen der Pflege so viele Menschen an und mit Covid 19 verstorben sind. Über 30 % aller Corona-Toten lebten zuvor in stationären Einrichtungen. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum trotz dieser Erkenntnisse (siehe RKI) nicht frühzeitig alle Ressourcen und Maßnahmen auf den Schutz dieser Menschen und ihrer Lebensumstände gebündelt worden sind. Die einseitige Zuschreibung von Verantwortung, die mit der jetzt veröffentlichten AOK-Studie vorgenommen worden ist, wird viele Beschäftigte in der Pflege zusätzlich frustrieren und sie aus einem Beruf vertreiben, den die meisten von ihnen gerne und mit viel Empathie ausgefüllt haben.

Foto: stock.adobe.com /Samuel.