Veröffentlicht am 23. Juli 2024 von RKP
Eigenanteile begrenzen, aber richtig!
„Bundesgesundheitsminister ist Ankündigungsweltmeister“
Gelsenkirchen, 23. Juli 2024: Anfang Juli hat es endlich auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begriffen: Die Kosten der Betroffenen für die Pflege explodieren. In stationäre Einrichtungen zahlen Menschen, die aktuell pflegebedürftig werden, im Bundesdurchschnitt 2.870 Euro aus ihrer eigenen Tasche für die dortige Versorgung. Das sind fast 10 % mehr als noch Mitte 2023. Für die Ruhrgebietskonferenz-Pflege ist das aber nur die „Spitze des Eisberges“. In der ambulanten Pflege ist die Situation für die Betroffenen mindestens genauso dramatisch.
„Bei angenommenen zwei Stunden Pflege pro Tag durch einen ambulanten Pflegedienst – und das ist weiß Gott für viele Betroffene nicht genug – belaufen sich die Kosten auf rund 4.000 Euro pro Monat. Die Pflegekasse übernimmt im Pflegegrad 2 aber nur 761 Euro und im Pflegegrad 3 lediglich 1.432 Euro pro Monat. Bleibt ein rechnerischer Eigenanteil je nach Pflegegrad zwischen 3.239 und 2.568 Euro“, macht Thomas Eisenreich, Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege, die Rechnung für die ambulant betreuten Pflegebedürftigen auf. Der Geschäftsführer des bundesweit agierenden Betreuungsdienstleisters Home-Instead weiß aber auch, dass dieser Eigenanteil nicht in Euro bezahlt wird: „Die Betroffenen können sich das gar nicht leisten. Stattdessen übernehmen sie selber die notwendigen Arbeiten. Das geht aber zu Lasten des eigenen Familien- und Berufslebens.“ Dazu kommt, dass die Sozialhilfeträger regelmäßig nicht bereit sind, anders als in der stationären Pflege, die im SGB XII verankerten Hilfen zur Pflege zu gewähren.
Zahlen, Daten und Einordnungen
Zur Einordnung ein paar Zahlen: Von den rund 5 Mio. pflegebedürftigen Menschen in Deutschland leben 84 % im eigenen Haushalt. „Nur“ 16 % (rund 794.000 Betroffene) leben in stationären Einrichtungen. Rund 4,2 Mio. Pflegebedürftige werden in der eigenen Wohnung versorgt. 1,1 Mio. Personen erhalten dabei Unterstützung durch einen ambulanten Pflege- oder Betreuungsdienst.
Ende der Preissteigerungen nicht absehbar
Der ausschließliche Blick auf die Eigenanteile in der stationären Pflege verschleiert und verharmlost die dramatische Situation in der sich die Mehrheit der Pflegebedürftigen und deren Angehörige derzeit befindet. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar, da die Personal- und Sachkosten absehbar weiter überdurchschnittlich steigen werden, während die Zuzahlungen durch die Kostenträger stagnieren.
Spiel auf Zeit
Für die Ruhrgebietskonferenz-Pflege stellt sich mal wieder die Systemfrage. „Mit Obergrenzen und Preisbremsen ist es nicht getan. Um die außerordentlichen Belastungen abzufedern benötigen wir eine grundlegende Neuaufstellung der Finanzierung von Pflege- und Betreuungsleistungen, wie wir von der Ruhrgebietskonferenz-Pflege und andere Interessenvertretungen sie schon lange fordern“, formuliert Ulrich Christofczik, Geschäftsführer der Evangelischen Dienste Duisburg und ebenfalls Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege, das zentrale Anliegen der Arbeitgeberinitiative aus dem Revier. „Ein ‚weiter so‘ darf es nicht geben. Die Zeche zahlen die Betroffenen und die Kommunen. Damit muss jetzt Schluss sein. Die Bundesregierung betreibt weiter Flickschusterei zu Lasten Dritter und spielt auf Zeit, die wir und die Betroffenen aber nicht haben!“
„Es wird Zeit, zu liefern!“
Für die Ruhrgebietskonferenz-Pflege bleibt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Menschen im Land mal wieder eine Lösung schuldig. Roland Weigel, Koordinator der Arbeitgeberinitiative: „Der Minister ist Ankündigungsweltmeister. Er hat uns Entbürokratisierung, Kompetenzstärkung, neue Versorgungssäulen und jetzt die Einführung von Obergrenzen versprochen. Es wird Zeit, zu liefern. Glückauf Herr Minister!“