Veröffentlicht am 9. April 2024 von RKP

Die Ruhrgebietskonferenz Pflege

In eigener Sache

In einem Beitrag für Wohlfahrt intern zeigt Ulrich Christofczik – einer der Sprecher Ruhrgebietskonferenz Pflege – warum Resignation ist keine Option ist und warum er regionale Arbeitgeberbündnisse in der Sozialwirtschaft für unverzichtbar hält.

Wie wichtig ist Ihnen der Akkustand Ihres Smartphones? Viele werden sagen: „Sehr wichtig“. Nahezu jeder wird unruhig, wenn die Akkuanzeige in den einstelligen Bereich geht und keine Steckdose in der Nähe ist, oder das Ladekabel zuhause auf dem Küchentisch liegt. Wie wichtig ist Ihnen der Akkustand der Mitarbeitenden in der Pflege? So eindeutig lässt sich das nicht beantworten, auch wenn jede und jeder mit Vehemenz natürlich sagen würde, wie wichtig die Mitarbeitenden sind und wir ihnen etwas bieten müssen – insbesondere in Zeiten des Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangels. Die Rahmenbedingungen, unter denen sie arbeiten, sprechen oft eine andere Sprache – mit zunehmender Bürokratisierung, Auflagen, Nachweispflichten, Kontrollwahn u.v.m., aber alles das ist nicht neu.

Genau hier liegt meine Triebfeder für mein Engagement für die sozialpolitischen Themen rund um die Pflege, denn die Rahmenbedingungen in der Pflege machen den Erfolg. Es sind die Mitarbeitenden, die Einrichtungen mit Leben füllen. Wo Arbeits- und Fachkräfte immer mehr fehlen, droht eine Pflege-Triage, dringend benötigte Pflegeplätze können aus wirtschaftlichen und/oder fachlichen Gründen nicht belegt werden, Einrichtungen müssen im Extremfall schließen, Träger geraten in wirtschaftliche Schieflage bis hin zur Insolvenz. Ein Horrorszenario? Nein, leider Realität – und ähnlich ergeht es ambulanten Pflegediensten und Krankenhäusern, die zudem noch das Problem der unsichtbaren Warteschlangen haben, weil die Übergangspflege so schwierig zu organisieren ist.

Die aktuelle Ausprägung ist dramatisch, der Reformbedarf aber nicht neu. Seit Jahrzehnten ist das beruflich mein steter Begleiter – und das ganz direkt, als Leitung einer großen stationären Altenpflegeeinrichtung, dann als Geschäftsbereichsleitung für Gesundheit und Pflege eines diakonischen Werkes, danach als Leiter des Geschäftsbereiches Pflege- Alten- und Behindertenarbeit im Spitzenverband Diakonie RWL und heute als Geschäftsführer der Evangelischen Dienste Duisburg. Auch bei der Mitarbeit im KDA, beim DEVAP, als Mitglied im Landespflegeausschuss NRW, sowie im Stiftungsrat der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW stehen und standen strukturelle Themen für eine moderne Pflegelandschaft im Vordergrund. Jedes dieser „Parkette“ hat eigene Gesetze und Schwerpunkte. Diesen Überblick zu haben, ist wichtig. Pflege ist also meine Leidenschaft, liegt mir am Herzen und ist auch meine Freude, denn Pflege hat so viel zu bieten – und all das ist auch das Themengefüge der Ruhrgebietskonferenz Pflege.

Uns reicht’s – wir zeigen jetzt, was in der Pflege geht! Unter dem Motto „Die Einflussnehmer“ haben sich rund 40 öffentliche und private Pflegeunternehmen vor 5 Jahren aus dem gesamten Ruhrgebiet zur „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ verbündet. Als verbands- und trägerübergreifende, unabhängige Arbeitgeberinitiative repräsentieren wir mittlerweile mehr als 20.000 Beschäftigte, eine echte Erfolgsgeschichte. Darauf sind wir stolz und erheben unsere Stimme für das, was uns täglich von neuem begeistert.

Wir erheben die Stimme zugegebenermaßen oft recht plakativ, mitunter provozierend und immer sehr direkt, damit wir wahrgenommen werden, die Intention verstanden wird und wir ins Gespräch kommen. Wir sind keine Populisten, Propagandisten oder Marktschreier, wir sind Fachleute aus der Praxis, die bis ins Detail wissen, wovon sie reden, die für die Pflege brennen, und die Einfluss nehmen wollen, damit die Rahmenbedingungen so praxistauglich werden, dass wir und unsere Mitarbeitenden das tun können, was wir aus dem Effeff können und wieder unbelastet tun wollen: PFLEGEN – da kann man uns vertrauen, da muss man uns nicht ständig kontrollieren und bürokratische Fesseln anlegen.

Um es an dieser Stelle deutlich zu sagen, wir sind als Ruhrgebietskonferenz Pflege kein Gegenentwurf zu den bestehenden Spitzenverbänden, wo viele von uns Mitglieder sind und mitarbeiten. Wir verstehen uns als Ergänzung, die uns die Freiheit ermöglicht, die Themen zugespitzt in die öffentliche Diskussion zu geben. Denn wir sind eine Arbeitgeber-Initiative, die mit eigenen Mitteln und aus eigener Kraft eine unabhängige „Ruhrgebietskonferenz Pflege“ veranstalten, die über die Leistungsfähigkeit, das Innovationspotenzial und die Entwicklungschancen der Pflege im Revier informiert. Wir nutzen die von uns selbst geschaffene Plattform, um unsere Forderungen zur Pflege an Politik, Behörden, Städte, Kommunen und Kostenträger zu formulieren. Wir wollen bewusst unangenehm für die Politik sein und wir wollen öffentliche Wahrnehmung für unsere Sache bekommen.
Was wollen wir erreichen? Wir arbeiten gemeinsam und über Stadtgrenzen hinweg…

  • an den Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen und Diensten,
  • an der Gewinnung von Arbeits- und Fachkräften,
  • an der Entwicklung und Anwendung von digitalen Lösungen mit Mehrwert für alle,
  • an neuen Ausbildungs- und Bildungskonzepten,
  • an der Integration von Geflüchteten und Menschen mit Einwanderungshintergrund,
  • an der Etablierung innovativer ambulanter Wohn- und Betreuungsformen,
  • an der Entwicklung und Umsetzung wohnortnaher Versorgungssysteme im Quartier,
  • an der Entwicklung und Umsetzung von sektorenübergreifenden Gesamtversorgungsmodellen,
  • an der Vernetzung von professionellen Unterstützerstrukturen,
  • an der Gewinnung von sozialen Investoren für innovative Stadtentwicklungsmodelle.

Wir machen das auf vielfältige Art und Weise. Gerne auch in Gipfeltreffen, Podiumsdiskussionen, Hintergrundgesprächen, medienwirksamen Veranstaltungen – mit namhaften Teilnehmenden aus Politik und Sozialwirtschaft – aber auch mit Schnittstellenbranchen wie der Bauindustrie. Hier einige Beispiele:

  • Internationale Pflegebauausstellung im Ruhrgebiet
  • Leiharbeitergipfel
  • Fachtagung und Symposium für zukunftsorientierten Pflegebau im Revier
  • Ruhrgebietskonferenz macht sich für ein Pflege-Integration-Center Ruhr stark
  • Pflege gehört in den Deutschlandpakt
  • Ausbildungsgipfel der Ruhrgebietskonferenz Pflege
  • Talk am Förderturm
  • Pflege-Triage-Gipfel
  • Aktionstage – z.B. Betten-raus-Aktion, Impfbanane von und mit Thomas Baumgärtel

Dazu kommen Stellungnahmen in Pressemitteilungen zu tagesaktuellen Themen, offene Briefe an die Politik u.v.m. Das dann auch gerne zugespitzt, z.B. der Referentenentwurf zur Pflegereform wird als „Rohrkrepierer statt Doppelwumms“ gewertet. Oder: Pflege wird mit dem „Qualitätsatlas“ der AOK „mal wieder am Nasenring in die Manege gezerrt“ – dort sieht die Ruhrgebietskonferenz Pflege deutlich die Kostenträger in der Verantwortung. Genau das ist die Freiheit, die wir uns leisten können, denn wir wissen, wovon wir reden.

Das funktioniert. Erst wurden wir wahrgenommen, jetzt werden wir ernst genommen. Die Medien berichten überregional umfänglich, die Politik lädt uns zu Hintergrundgesprächen in die Landtagsfraktionen, auf städtischer Ebene finden wir Gehör, wir als Sprecher werden als Experten angefragt, als Referenten für Kongresse gebucht, für Podcasts befragt u.v.m.

Kommen wir zur Anfangsfrage zurück: Wie wichtig ist der Akkustand unserer Mitarbeitenden. Extrem wichtig. Durch die skizierten Aktivitäten wollen wir nicht nur Akku schonende Rahmenbedingungen für Mitarbeitende schaffen, durch unser Ladekabel soll Entlastung, Bürokratieabbau, Motivation, Modernität, Zukunft, Nachhaltigkeit und Zufriedenheit fließen. Das gibt den Mitarbeitenden Raum mit viel Verantwortung und Engagement das auch gerne zu tun, wozu sie hervorragend ausgebildet sind: PFLEGE. Das wirkt dem Fachkräftemangel entgegen, und ist zum Wohle der uns anvertrauten Menschen, für die wir das alles tun. Wir bleiben am Strom und laden weiter – die Ruhrgebietskonferenz Pflege.


Ulrich Christofczik ist Geschäftsführer der Evangelischen Dienste Duisburg, Duisburgs größtem Träger im Bereich ambulanter und stationärer Altenpflege, Betreuung von Menschen mit Behinderung und seniorengerechtem Wohnen. Er ist Mitglied im KDA und Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege. www.edd.de