Veröffentlicht am 11. Mai 2021 von RKP

Für die Ruhrgebietskonferenz Pflege plant die Bundesregierung eine halbgare Pflegereform zu Lasten Dritter

„Systemwechsel auf die lange Bank geschoben!“

Gelsenkirchen, 11.05.2021: Die Bundesregierung plant, dass eine tarifliche Entlohnung der Beschäftigten zur Voraussetzung für eine Zulassung von Einrichtungen und Diensten wird. Grundsätzlich begrüßen das die Arbeitgeber aus dem Ruhrgebiet. Was sie stört, ist die Tatsache, dass die damit verbundenen Mehrkosten fast ausschließlich auf die Betroffenen abgewälzt werden. „Natürlich finden wir eine bessere Bezahlung gut und längst überfällig. Es geht aber nicht an, dass die Finanzierung nur von den ambulanten Pflegekunden und Bewohner*innen gestemmt werden muss. Die früher einmal versprochene Deckelung der Eigenanteile in stationären Einrichtungen sowie eine Anhebung der Vergütungen und Sachleistungsbudgets im ambulanten Bereich tauchen im aktuellen Gesetzentwurf nicht mehr auf“, beschreibt Ulrich Christofczik vom Christophoruswerk die Hintergründe der Kritik aus der Sicht der Ruhrgebietskonferenz-Pflege.

Thomas Eisenreich,
Sprecher der Ruhrgebietskonferenz-Pflege

 „Mit dieser Gesetzesinitiative wird ein Systemwechsel auf die lange Bank geschoben“, ergänzt Thomas Eisenreich, der im Management von Home Instead für strategische Fragen zuständig ist. Für die Vertreter*innen der Ruhrgebietskonferenz bleibt so die Pflege weiterhin ein Armutsrisiko. Durch die angestrebte und politisch gewollte Tarifbindung werden die Pflegesätze in den Einrichtungen steigen. Erst nach einem Jahr in einer Einrichtung sollen Bewohner*innen einen Leistungszuschlag von 25 % erhalten. Dieser steigt dann auf bis zu 75 % nach drei Jahren. „Bei der aktuell durchschnittlichen Verweildauer in unseren Häusern kommen nur die allerwenigsten Menschen in den Genuss dieser Zuschläge“, erklärt Silke Gerling, Prokuristin beim Diakoniewerk Essen und ebenfalls Sprecherin der Ruhrgebietskonferenz-Pflege.  Die Universität Bremen hat gerade in einer Studie berechnet, dass spätestens Anfang 2023 die Entlastungen für die Betroffenen aus dieser Regelung von den steigenden Kosten für das Personal aufgezerrt sein werden. Bodo de Vries, Vorstand des Johanneswerks, hat schon vor einigen Wochen in einem Vodcast der Ruhrgebietskonferenz Pflege seine Einschätzung abgegeben und erklärt: „In zwei Jahren werden wir wieder da sein, wo wir heute stehen.“

Thomas Eisenreich spitzt noch einmal zu: „Die Pandemie hat allen vor Augen geführt, wie wichtig funktionierende Pflegeangebote für die Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf und deren Angehörigen sind. Daher muss jetzt die versprochene Entlastung für die Betroffenen kommen, egal ob sie ambulant oder stationär versorgt werden. Der jetzt veröffentlichte Gesetzentwurf lässt vermuten, dass genau dieses Versprechen nicht eingehalten wird!“