Veröffentlicht am 10. Oktober 2023 von RKP

„So wird das nichts mit der Fachkräftegewinnung für die Pflege und Betreuung!“

Ruhrgebietskonferenz-Pflege warnt vor Kürzung der Mittel für Freiwilligendienste

Gelsenkirchen, im Oktober 2023: Die Bundesregierung macht weiter mit ihrer Pflegepolitik nach Haushaltslage. Nach der angekündigten Kürzung des Bundeszuschusses für die Pflegeversicherung folgt jetzt die Kürzung der Fördermittel für die Freiwilligendienste. Im Jahre 2024 sollen 78 Millionen Euro eingespart werden. 2025 noch einmal weitere 35 Millionen. Das entspräche einer Reduzierung der bereitstehenden Mittel um ein Drittel. Ob damit jede dritte Stelle wegfällt oder alle einfach „nur“ weniger bekommen, ist noch offen. Was das mit der Pflege zu tun hat? Jede Menge! Jede vierte FSJ-Stelle ist im Gesundheitswesen angesiedelt. In FSJ und BfD engagieren sich jährlich rund 83.000 zumeist junge Menschen. In den ambulanten Diensten, stationären Einrichtungen und anderen Gesundheitseinrichtungen kommen pro Jahr rund 12.000 junge Menschen erstmals mit dem Berufsfeld Pflege in Kontakt. Die Freiwilligendienste ermöglichen aber nicht nur den Erstkontakt mit der Pflege, sondern sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration von ausländischen Arbeitskräften. Viele Unternehmen der Langzeitpflege und Betreuung nutzen den Freiwilligendienst zur sprachlichen und kulturellen Vorbereitung auf eine Ausbildung in der Pflege.

Bis zu 80 % entscheiden sich anschließend für einen sozialen Beruf
„Wir haben in den letzten Jahren in der Pflege die Freiwilligenarbeit professionalisiert. Wo es eine gute Begleitung gibt, entscheiden sich bis zu 80 % der Freiwilligen anschließend für einen Beruf oder ein Studium in der Pflege oder sozialen Arbeit“, skizziert Roland Weigel, Koordinator der Ruhrgebietskonferenz-Pflege die Bedeutung der Freiwilligendienste (nicht nur) für die Pflege. Gerade für jüngere Schulabgänger ist ein Freiwilligendienst nicht selten die Brücke in die Pflegeausbildung. Jörg Klomann, Bereichsleiter bei der Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen macht das konkret: „Um eine Ausbildung in der Pflege zu machen, müssen die Bewerber*innen das 18 Lebensjahr vollendet haben. Für viele Haupt- und Realschulabsolvent*innen kommt daher eine Ausbildung im direkten Anschluss an ihre Schulzeit nicht in Frage. Da hilft ein Freiwilligendienst bei der Überbrückung der Wartezeit.“

Jobs mit Sinn für die Generation Z
Für viele ist der Freiwilligendienst auch eine Möglichkeit zur Orientierung und Erprobung. Gerade die viel diskutierte „Generation Z“ ist auf der Suche nach einem Sinn in der Arbeit. Für eine solche Sinnsuche bietet sich der Freiwilligendienst an. Im Berufsfeld Pflege stecken jede Menge Jobs mit Sinn, von denen die jungen Menschen an der Schule noch nie gehört haben oder von denen sie nur die klischeehaften Bilder von erschöpften Beschäftigten aus der Coronapandemie kennen. Silke Gerling vom Diakoniewerk Essen und Sprecherin der Ruhrgebietskonferenz-Pflege: „Durch den Kontakt in der Freiwilligenarbeit können wir mit den Stereotypen über das Berufsfeld Pflege – schlechter Verdienst und unzumutbare Arbeitsbedingungen – aufräumen. Wir haben auch immer mehr Bewerber*innen, die sich eine Ausbildung auf den ersten Blick wegen sprachlicher Defizite oder der Angst vor emotionaler Überforderung nicht zutrauen. Denen bieten wir mit dem Freiwilligendienst eine begleitete Unterstützung auf dem Weg in die Arbeitswelt.“

Kürzung der Fördermittel wäre fatales Signal
Im Jahr 2030 müsste sich jede Dritte Schulabgänger*in für einen Gesundheitsberuf entscheiden, um das bisherige Versorgungsangebot aufrecht zu erhalten. Das ist nicht realistisch, aber um möglichst viele Menschen für das Berufsfeld Pflege zu begeistern, braucht es Kontaktmöglichkeiten und Orientierungshilfen. Für Roland Weigel sind „Freiwilligendienste ein Türöffner in die Pflege. Eine Kürzung der Fördermittel wäre daher ein fatales Signal. So wird das nichts mit der Fachkräftegewinnung für die Pflege und Betreuung!“

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