Veröffentlicht am 21. April 2020 von Redaktion

"Ungenauigkeiten und Halbwahrheiten"

Stellungnahme des SWR zum "Offenen Brief" an den ARD-Intendanten Tom Buhrow

Am 3. April formulierten die Gesellschafter der Ruhrgebietskonferenz Pflege unter dem Titel „ARD denunziert die Altenpflege“ einen „Offenen Brief“ an den ARD-Intendanten Tom Buhrow. Jetzt erreichte uns dazu eine Stellungnahme von Gottlob Schober, Redakteur und Chef vom Dienst, ARD / SWR, Südwestrundfunk, HA Chefredaktion, Content, Abt. Inland / REPORT MAINZ. Diese möchten wir Ihnen nicht vorenthalten:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

am 3. April hat die Ruhrkonferenz Pflege „Die Einflussnehmer“ eine Kritik an der ARD im Internet und auf social Media-Kanälen unter der Überschrift „Skandale statt Information: ARD denunziert Altenpflege“ veröffentlicht. Im Absatz „Pflegeheime als black box“ werde ich direkt angegriffen. Dazu möchte ich gerne persönlich Stellung nehmen.

Sie schreiben, dass das „Corona-Special „ARD-extra“ am 1. April bei den Akteuren der Ruhrgebietskonferenz „für einhellige Empörung“ gesorgt habe. Die Aussagen des „SWR-Pflegeexperten Reinhard Schober hätten Angehörige „verunsichert“ und „unsere Mitarbeitenden diskreditiert“.

Diese Vorwürfe weise ich entschieden zurück. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Sie dem Interview, welches ich mit dem Moderator Fritz Frey geführt hatte, und den darin gestellten Fragen und den Antworten aufmerksamer hätten folgen müssen, bevor sie die ARD und mich persönlich in einer Veröffentlichung so vehement angreifen. Gerne begründe ich meine Einschätzung:

So werfen Sie mir vor, ich sei zur „Aussetzung der Pflegeprüfungen und dem Besuchsverbot befragt“ worden und habe darauf geantwortet, dass diese Maßnahmen „die Pflegeeinrichtungen zu einer Art „black box“ werden lassen.

Abgesehen davon, dass ich Gottlob und nicht Reinhard Schober heiße, trifft dieser Vorwurf auch gar nicht zu. Schon die Frage war ganz anders gestellt. Um die Faktenlage deutlich zu machen, übersende ich Ihnen daher eine wörtliche Abschrift der Passagen des Interviews, die Sie so scharf kritisieren.

Fritz Frey: Was können denn Angehörige tun, um zu prüfen, ob die Qualität des Heimes, in dem ich Angehörige habe oder unterbringen will, ob die stimmt?

Gottlob Schober: Das ist aktuell extrem schwierig, denn die Bundesregierung hat Qualitätsprüfungen bis Ende September ausgesetzt. Und da durch die Besuchsverbote auch kritische Angehörige, die immer mal wieder Alarm geschlagen haben, derzeit nicht in die Einrichtungen reinkommen, sind Pflegeheime momentan eine black box und das ist nicht unproblematisch. Und man muss quasi vertrauen, dass Pflegeheime gute Arbeit leisten.

Fritz Frey: Wie muss ich mir das mit dem Vertrauen vorstellen?

Gottlob Schober: Es gibt gut geführte Einrichtungen, die tatsächlich Angehörige informieren, wie es den Menschen geht und auch für Telefonate immer zur Verfügung stehen. Ich mache mir nur Sorgen um die Einrichtungen, die bereits vor Corona große Probleme hatten. Das sagte mir ein Einrichtungsleiter: Einige seiner Kollegen seien durchaus froh, dass man jetzt nicht mehr so genau hinschaue. Da möchte ich mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn sich dort ein Bewohner mit Corona infiziert.

In meiner Ausführung habe ich also klar eine Unterscheidung zwischen gut geführten Einrichtungen und Heimen, die schon „vor Corona große Qualitätsprobleme“ hatten, gemacht. Warum die Sprecherin der Ruhrgebietskonferenz Pflege, Silke Gerling, diese Differenzierung völlig ausblendet und von einer „ungeheuerlichen Behauptung“, einer Verunsicherung der Angehörigen und einer Diskreditierung der Mitarbeitenden spricht, erschließt sich mir nicht. Hätte die ARD eine Pressemitteilung mit solchen Ungenauigkeiten und Halbwahrheiten veröffentlicht, würden Sie uns zurecht kritisieren.

Im Übrigen ist unbestritten, dass die meisten Pflegekräfte derzeit eine hervorragende Arbeit machen. Das wird im Programm der ARD auch an vielen Stellen berichtet. Dennoch ist es auch unsere Aufgabe, kritische Punkte anzusprechen.

Ich bitte Sie meine Stellungnahme an den Stellen zu veröffentlichen, an denen Sie auch Ihre Kritik publiziert haben.

gez. Gottlob Schober“.

Die Ruhrgebietskonferenz Pflege entschuldigt sich bei Herrn Schober für die Verwechslung des Vornamens. Doch auch nach nochmaliger Lektüre des Wortprotokolls möchten wir betonen, dass wir bei unserer Kritik bleiben und die Aussagen grundlegend anders bewerten.

Dem Schreiben entnehmen wir, dass Herr Schober an einem weiteren Diskurs mit uns interessiert ist. Deshalb haben wir uns erlaubt, ihn ganz herzlich zu einem „Talk am Förderturm“ nach Gelsenkirchen einzuladen, um über das Image der Pflege und die damit verbundene Berichterstattung in den Medien zu diskutieren – auch wenn wir noch nicht wissen, wann eine solche Veranstaltung wieder möglich sein wird.